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Auf ein Buch mit …

Olaf Bryan Wielk, Gründer von www.beemgee.com

Olaf, stell dich unseren Leser:innen doch mal vor.

sabrinity Olaf Bryan WielkIch bin gebürtiger Engländer. Nach dem Anglistik-/Germanistik-Studium bin ich für einen Job nach Deutschland gekommen – und hiergeblieben. Nach vielen Jahren in großen Publikumsverlagen, vor allem Rowohlt und Carlsen, habe ich vor 10 Jahren die Autorensoftware www.beemgee.com mitgegründet. Weil ich den persönlichen Kontakt mit Autor:innen sehr schätze, veranstalten wir dieses Jahr Story-Workshops.

Wenn du nur ein Buch auf eine einsame Insel mitnehmen könntest, welches wäre das?

Nur ein einziges Buch? Das müsste dann wohl ein ziemlich dickes sein. Der längste und schönste Roman, den ich kenne, ist „Traum der Roten Kammer“ von Cao Xueqin. Ich lese lieber auf Englisch – die englische Ausgabe mit dem Titel „The Story of the Stone“ gibt es allerdings nur in 5 Bänden. Auf Deutsch gibt es bislang keine vollständige Übersetzung. Das ist sehr schade, denn das Werk ist wirklich unfassbar vielschichtig und unterhaltsam.

Wenn fünf Bände gegen die Regeln verstoßen, dann nehme ich The Romance of the Three Kingdoms von Luo Guanzhong in der Übersetzung von Moss Roberts mit. Fast genauso dick, aber den Roman gibt es in einem Band. Übrigens auch auf Deutsch, bei Fischer erschienen.

Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit fernöstlicher Literatur befasst. Da gibt es Welten zu entdecken!

Was sind die häufigsten drei Fehler beim Plotten?

  • Die AutorIn scheut den Konflikt, traut sich nicht, die Protagonisten richtig leiden zu lassen, macht es ihnen zu leicht. Der Plot treibt sie nicht bis ans Äußerste, und so erkennen die Leser:innen nicht wirklich, wer die Figuren eigentlich sind.
  • Die Figuren verändern sich nicht, indem sie den Plot erleben, entwickeln sich nicht, lernen nichts. Das kann man verzeihen, wenn die Leser stattdessen etwas lernen, aber dieser Ansatz ist sehr fortgeschritten. Besser ist es, wenn man bei seinen ersten Romanen ganz klar die Figuren von Zustand A – am Anfang – zu einem deutlich anderen Zustand B – am Ende – bringt. Sie müssen dafür entscheiden, selbst etwas zu tun. Es darf ihnen nicht einfach so widerfahren, sonst sind sie nur reaktiv statt aktiv. Das ist ein typischer Anfängerfehler.
  • Die AutorIn erklärt zu viel. Meint, alle möglichen Informationen erläutern zu müssen, zum Beispiel, wo die Figur herkommt, wie sie aufgewachsen ist usw. Weg damit. Die Leser wollen in der Regel selbst entschlüsseln und erfahren, wer die Figur ist. Durch ihre Handlungen. Handlung ist ein anderes Wort für Plot. Lasst die Handlungen der Figuren für sich sprechen – die Leser:innen werden dadurch sehen, wer diese Figuren sind. Es braucht meistens kaum eine Erläuterung ihrer Backstory.

Und wo schwächeln die meisten Figuren?

  • Die Figuren sind zu sehr wie echte Menschen. Es ist ein Trugschluss, Figuren mit der Psychologie echter Menschen gleichsetzen zu wollen. Geschichten funktionieren anders als das echte Leben. In Geschichten gibt es (anders als in der wirklichen Welt) eindeutige und vor allem nachvollziehbare Ketten von Ursache und Wirkung. Angetrieben von den Entscheidungen und Handlungen der Figuren. Diese ergeben die Dramaturgie der Geschichte. Dramaturgie ist so etwas wie eine magische Struktur, die uns in Geschichten eine viel tiefere Wahrheit zeigen kann als vermeintliche Realitätsnähe.
  • Die Figuren sind reaktiv statt aktiv. Die Dinge passieren ihnen, statt dass sie Dinge in Bewegung setzen. Sprich, sie sind langweilig. Man muss schon eine wahnsinnig kunstvolle AutorIn sein, um es hinzubekommen, dass eine passive Figur interessant ist. Shakespeare lässt Hamlet zwar bis zur Hälfte des Stücks rumeiern und nicht zu Potte kommen – aber das ist Shakespeare.
  • Die Beziehung zwischen AutorIn und Figur. Viele Autor:innen glauben, ihre Figuren zu kennen – sie haben sie ja schließlich erschaffen. Aber eine wirklich gute Figur bringt viel mehr Charaktereigenschaften mit, als der Autor weiß. Sie sind verborgen. Liegen vielleicht im sozialen Umfeld begründet, in der Vergangenheit, in Liebschaften, im Einfluss von Freunden. Häufig nicht mal von der Figur selbst, sondern von der AutorIn!
    Und dann ist da natürlich noch die Aufgabe, die die AutorIn der Figur stellt. Sie gibt zwar die Ausgangs- und Endsituation vor. Aber das heißt nicht, dass die Figur immer das tut, was ihre SchöpferIn sich dabei gedacht hat. Hier verlieren sich AutorIn und Figur häufig.
    Beemgee hilft beiden, den Weg gemeinsam zu gehen. Es gibt ein gutes Dutzend dramaturgische Merkmale, die man bei Hauptfiguren fast wie eine Checkliste anwenden kann, damit sie nicht schwach wirken. Die gesamte Checkliste sollten Autor:innen kennen und beherrschen, um ihre Figuren in spannende Geschichten inszenieren zu können. Die Checkliste ist ein Teil des Figurenentwicklers in Beemgee.com.

Wie hilft eure Software Beemgee beim Plotten und Figurenentwickeln?

Darf ich für diese Antwort eine Rückmeldung auf unseren Beemgee-Figurenentwickler zitieren, die neulich eingetroffen ist? Eine Autorin sagt, „Beemgees Figurenentwickler dreht deine Charaktere buchstäblich von innen nach außen.

Durch eine Vielzahl von clever formulierten Fragen werden auch die letzten Geheimnisse und verstecktesten Ängste, Wünsche und Sehnsüchte der Figuren ans Licht geholt. Man lernt seine Figur Schritt für Schritt wirklich kennen und entdeckt dabei Charakterzüge und Eigenschaften, an die man noch gar nicht gedacht hatte – und vielleicht auch niemals gedacht hätte.

Kleinschrittigkeit ist hier das Zauberwort. Und wie ein sehr erfreulicher „Zauber“ treibt jede Erkenntnis über die Figur den gesamten Plot an. Offenbart neue Möglichkeiten oder zeigt Sackgassen auf, da einem nun klar geworden ist, dass sich der Charakter ganz anders verhalten wird, als der ursprüngliche Plot dies beabsichtigte. Figurenentwicklung und Plotten gehen also Hand in Hand.“

Wielk01Mehr über das Thema „Plotten wie ein Profi“ erfahrt ihr in Olafs Workshop am 5. Mai ab 19 Uhr.  Kostenpunkt: 29,50 Euro. Weitere Infos und Buchung hier: Akademie