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Auf ein Buch mit …

Dr. Klaus Berndl, Lektor und Moderator bei „Literatur antwortet“

Klaus, stell dich unseren Leser:innen doch bitte kurz vor. klaus

Klaus Berndl, geboren im Kalten Krieg in Rheinland-Pfalz, aufgewachsen in Oberbayern, seit 1997 lebhaft in Berlin. Studium der Geschichte und der Skandinavistik an der LMU München. Promotion über ein Thema aus der preußischen Geschichte. Veröffentlichung eines Romans und etlicher Erzählungen. Einige literarische Auszeichnungen gab es auch schon. www.klausberndl.de

Wenn du nur ein Buch auf eine einsame Insel mitnehmen könntest, welches wäre das?

Das älteste Buch, das Gilgamesch-Epos. Wollte ich schon lange mal lesen. Auf einer einsamen Insel finde ich hoffentlich die Zeit dafür, neben dem Jagen und Sammeln.

Wie bist du zur Literatur gekommen?

Um mich beim Universum für meine Geburt zu bedanken, wollte ich schon als Kind etwas Schöpferisches machen. Da ich fürs Malen und für Musik gänzlich unbegabt war, kam eigentlich nur die Literatur in Frage. Für die fühlte ich mich zwar genauso untalentiert, aber sie hatte zumindest den Vorteil, dass das geschaffene Werk, wenn es tausendfach verbreitet ist, im Falle eines Atomkrieges einfach bessere Überlebenschancen hat. Dachte ich, zu Zeiten des Kalten Krieges. Seitdem habe ich viel geübt und gelernt, über das Schreiben und die Literatur. Und, wie schnell man sich selbst überschätzt.

Für "Literatur antwortet" liest du Bücher aus vielen verschiedenen Genres. Was liest du privat am liebsten?

Historische Fachliteratur, und die richtig harte Hardcore-Qualitätsbelletristik. Lyrik inklusive.

Als Lektor hast du einen besonderen Blick beim Lesen. Was zeichnet deiner Meinung nach besonders gelungene Geschichten aus?

Sie nehmen mich emotional mit, sie sind spannend bis zur letzten Zeile und sie verschaffen mir Vergnügen beim Lesen jedes einzelnen Satzes. Sowas gibt´s auch in der richtig harten Hardcore-Qualitätsbelletristik selten.

 

Du bist auch im Vorstand eines Literatur-Vereins. Erzählst du uns mehr darüber?

1997, nach meinem Umzug nach Berlin, bin ich in die Neue Gesellschaft für Literatur e. V. eingetreten (NGL; heute GNL – Gesellschaft für neue Literatur) und habe mich in der Prosawerkstatt engagiert, die ich seit 1999 leite. Fünf Bundeskanzler:innen haben also schon unter mir gedient! Keine:r von denen hat sich jemals in der Prosawerkstatt gezeigt – was ein Fehler ist.

Unsere Werkstatt trifft sich im zweiwöchentlichen Rhythmus. Sie dient als Forum, in dem sich Autor:innen gegenseitig unterstützen: Noch nicht ganz fertige Texte sollen hier vorgetragen werden, zwei pro Sitzung, und anschließend wird darüber diskutiert. Alle Teilnehmer:innen sind gleichberechtigt, jede:r kann, darf und soll sich äußern. Die Autor:innen sagen dazu erstmal nichts: So wird in der Diskussion deutlich, ob und wo es Potenzial für Missverständnisse gibt. Anschließend können die Autor:innen sich äußern oder Fragen stellen – meist entwickelt sich daraus eine zweite Kritikrunde. 

Wir legen Wert auf konstruktive Kritik: Es soll also nicht einfach gesagt werden, dies und das gefällt mir nicht, sondern: Hey, mach das doch so, so wird das noch besser! Wir nehmen jeden Text ernst, unabhängig davon, wie weit die Autor:innen auf dem Weg zum Nobelpreis bereits sind. Was wir nicht sind: Forum für reisende Poet:innen, die nur kurz ihr Werk vor uns vermarkten wollen und danach nie wieder auftauchen, und Schaubühne für publikumsgeile Großkritiker:innen, denen es nur darauf ankommt, sich auf Kosten anderer zu profilieren. Die Veranstaltungen finden also in einer Art Schutzraum statt. Thematische/stilistische/inhaltliche Einschränkungen für die diskutierten Werke gibt es nicht – aber wir bewegen uns immer auf dem Boden des Grundgesetzes, sodass es also „keine Toleranz für Intoleranz“ gibt. Für Rassismus, Sexismus, Queerophobie etc. sind wir nicht der richtige Ort.

Nächstes Projekt: Wir gründen einen Workshop speziell für queere Autor:innen! Infos hier abrufen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Auf der BUCHBERLIN möchten wir unsere Autor:innen-Gesellschaft vorstellen und diese Arbeitsweise im Rahmen eines Seminars demonstrieren. Jede:r kann teilnehmen – gern schon gleich mit Text! (Lesezeit: bis zu 20 Minuten). Weitere Infos im Beitrag „Die Literaturwerkstatt von Radio 889FM Kultur“. Bei Interesse (auch über die Messe hinaus) bitte gern bei mir melden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.